Vermietung von Wohnungseigentum an Feriengäste

Der Sachverhalt:

In einer Wohnungseigentümergemeinschaft vermietet ein Miteigentümer seine beiden Eigentumswohnungen tage- und wochenweise an Berlinbesucher und Geschäftsreisende. Bei ihrer Versammlung im Januar 2008 beschlossen die Wohnungseigentümer mehrheitlich, diesem Miteigentümer und den Eigentümern weiterer sieben Eigentumswohnungen, die eine ähnliche Nutzung vornahmen, zu untersagen die Wohnungen täglich oder wöchentlich wechselnden Feriengästen zu überlassen, und die Verwaltung zu bevollmächtigen, unter Einschaltung eines Rechtsanwalts bei einem Verstoß Unterlassungsansprüche geltend zu machen. Der Miteigentümer ficht den Beschluss an, da er der Meinung ist, die von ihm vorgenommene Vermietungspraxis halte sich im Rahmen der ordnungsgemäßen Nutzung seiner Wohnungen.Das Amtsgericht weist die Klage ab. Das Berufungsgericht bestätigt die Klageabweisung im Ergebnis.

Der rechtliche Hintergrund:

Nach der Teilungserklärung besteht die Eigentumsanlage aus 92 Eigentumswohnungen. Gemäß § 1 Abs. 2 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) dient Wohnungseigentum – im Gegensatz zu Teileigentum – Wohnzwecken. Ob die Nutzung einer Wohnung zur Vermietung an Feriengäste in diesem Sinne eine Wohnnutzung ist, ist in der Rechtsprechung umstritten gewesen. Nach einer Ansicht sei eine solche Nutzung keine Wohn-, sondern eine gewerbliche Nutzung. Außerdem werde die Wohnnutzung durch das auf Dauer angelegte Bewohnen durch denselben Nutzer geprägt. Durch den häufigen Wechsel von Nutzern werde das Gebäude für einen nicht überschaubaren Nutzerkreis geöffnet. Hierdurch nehme die Anonymität zu und das Sicherheitsgefühl der anderen Wohnungseigentümer verringere sich. Feriengäste nähmen typischerweise auf die Interessen der Hausgemeinschaft und das gemeinschftliche Eigentum weniger Rücksicht. Letztlich werde das Gemeinschaftseigentum  stärker abgenutzt. Nach anderer Auffassung umfasst die Wohnungsnutzung auch die Vermietung einer Eigentumswohnung an Feriengäste. Nach einer dritten Auffassung soll dieses jedenfalls bei Wohnungseigentumsanlagen in Feriengebieten gelten.

Das Urteil:

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich in seinem Urteil vom 15.01.2010 (V ZR 72/09) der zweiten Ansicht angeschlossen. Wenn die Teilungserklärung nichts anderes bestimmt und die Wohnungseigentümer nichts anderes vereinbart haben, ist die Vermietung einer Eigentumswohnung an Feriengäste Teil der zulässigen Wohnnutzung und keine gewerbliche Nutzung. Hieran ändere auch nichts, dass eine solche Nutzung steuerrechtlich eine gewerbliche Nutzung darstellen kann, entscheidend sei allein, welche Nutzung in der Wohnung selbst stattfindet. Die Nutzung durch Feriengäste unterscheide sich nicht signifikant von anderen Formen der Wohnungsnutzung. Auch durch häufig wechselnde Gästebesuche einzelner Wohnungseigentümer könne sich das Sicherheitsgefühl in einer Eigentumsanlage verringern. Es gäbe auch keinen Grundsatz, dass Feriengäste das Gemeinschaftseigentum weniger pfleglich behandelten als die Nutzer vermieteter Eigentumswohnungen. Grundsätzlich sei ein Wohnungseigentümer auch nicht beschränkt, seine Eigentumswohnung ausschließlich zu Wohnzwecken zu nutzen. Anerkannt worden sei dieses etwa bei einem Ingenieurplanungsbüro oder bei dem Büro eines Patentanwalts. Entscheidend sei lediglich, dass eine solche anderweitige Nutzung die Wohnungseigentümer nicht über das Maß hinaus beeinträchtigt.

Der BGH hat abschließend festgestellt, dass eine Vermietung an Feriengäste, wie jede andere Nutzung, in ihrer konkreten Ausgestaltung in einem Ausmaß erfolgen kann, das die übrigen Wohnungseigentümer in einem Maße beeinträchtigt, dass diese nicht hinnehmen müssen. Hierzu hätte die beklagte Eigentümergemeinschaft aber vortragen müssen, was nicht geschehen sei.

 

Wenn Sie Beratungsbedarf zu den Rechten und Pflichten des einzelnen Wohnungseigentümers oder der Eigentümergemeinschaft haben, nehmen Sie bitte Kontakt auf.

 

 

Rechtsanwalt Bleyert ist Mitglied des Deutscher Mietgerichtstag e. V.

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