Urlaubsgeld und lang andauernde Krankheit

Der Sachverhalt:

Der Arbeitnehmer steht seit 1999 in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber. Auf das Arbeitsverhältnis findet ein Tarifvertrag Anwendung. Nach diesem steht dem Arbeitnehmer – neben dem üblichen Urlaubsentgelt – ein zusätzliches Urlaubsgeld in Höhe von 60 % des für den Erholungsurlaub geschuldeten Urlaubsentgelts zu. Im Februar 2005 erkrankt der Arbeitnehmer und ist infolgedessen bis über den 31.03.2006 arbeitsunfähig. Wegen der Arbeitsunfähigkeit konnte der Arbeitnehmer seinen Jahresurlaub für das Jahr 2005 nicht nehmen. Er ist jedoch der Ansicht, dass er trotzdem Anspruch auf Zahlung des zusätzlichen Urlaubsgeldes habe. Da der Arbeitgeber sich weigert, das Urlaubsgeld für 2005 zu zahlen, verklagt der Arbeitnehmer ihn auf Zahlung.

Der rechtliche Hintergrund:

Arbeitnehmer haben einen gesetzlichen Anspruch auf Urlaubsentgelt, §11 Bundesurlaubsgesetz. Die Höhe des Urlaubsentgelts richtet sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, den der Arbeitnehmer 13 Wochen vor Antritt des Urlaubs erhalten hat. Davon abzugrenzen ist das Urlaubsgeld als zusätzlich zum regelmäßigen Arbeitsentgelt anlässlich des Urlaubs gezahlte Einmalzahlung. Die Zahlung von Urlaubsgeld  erfolgt durch den Arbeitgeber in der Regel freiwillig, es sei denn, er hat sich zu solch einer Zahlung arbeitsvertraglich verpflichtet oder ein Tarifvertrag oder eine betriebliche Vereinbarung verpflichtet ihn zur Zahlung. Hat der Arbeitgeber dreimal Urlaubsgeld gezahlt, ohne darauf hinzuweisen, dass er das Urlaubsgeld freiwillig zahlt, erwächst dem Arbeitnehmer hieraus für die Zukunft ein Anspruch auf Urlaubsgeld (aus „betrieblicher Übung“).

Der Europäische Gerichtshof hat im Frühjahr 2009 entschieden, dass im Falle einer lang andauernden Arbeitsunfähigkeit über das Jahresende und den Übertragungszeitraum hinaus weder der Anspruch auf Gewährung des Urlaub noch – bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses – der Urlaubsabgeltungsanspruch als Ersatz für nicht genommenen Urlaub verfallen. Das Bundesarbeitsgericht hatte nun zu entscheiden, wie es sich bei dauernder Arbeitsunfähigkeit mit dem Verfall von Urlaubsgeld verhält.

Das Urteil:

Nachdem die Klage des Arbeitnehmers in den Vorinstanzen abgewiesen wurde, hat das Bundesarbeitsgericht diese Entscheidungen mit seinem Urteil vom 19.05.2009 ( 9 AZR 477/07) bestätigt. Das geltend gemachte Urlaubsgeld steht dem Arbeitnehmer nicht zu. Verfallen wäre es jedoch nicht, es stünde dem Arbeitnehmer nur zur Zeit noch nicht zu. Das Urlaubsgeld sei mit dem Urlaubsentgelt verknüpft. Erst wenn das Urlaubsentgelt fällig werde, werde auch das Urlaubsgeld fällig. Da der Arbeitnehmer noch keinen Urlaub genommen habe, habe er auch kein Urlaubsentgelt erhalten und deshalb auch keinen Anspruch auf das Urlaubsgeld.

Da der Europäische Gerichthof entschieden hat, dass die Gewährung von Urlaub und dessen Abgeltung nicht verfallen, muss der Arbeitgeber sich darauf einstellen, dass er das Urlaubsgeld zwar während der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers nicht zahlen, dieses jedoch zu einem späteren Zeitpunkt nachholen muss.

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